2000
Der Ehestreik
Heiteres Dorferlebnis in drei Akten von Julius Pohl
„Alle die, wo hier unterschrieben haben, bitten den hochwohlgebohrten Herrn Bürgermeister, umstehende dafür zu sorge, das die seit 14 Tagen neue Kellnerin im Bären-Wirtshaus, genannt Hanni, wo dieselbe ihr ausgeschämtes Unwesen vollführt und dadurch die größte Gefahr für die eheliche Treue unserer Männer ist, so schnell als möglich abgeschafft wird, indem dass es eine Schande für unsern ganzen Ort ist, wie jetzt dort zugeht und Lieder gesungen werden, daß einer Sau das Grausen ankommen muß…..“
Dieser Brief, verfasst von der Frau Bürgermeisterin persönlich als Anführerin des weiblichen Protestes und unterzeichnet von fast allen Dorfbewohnerinnen, soll verhindern, daß beim Bären-Wirt die hübsche und vor allem junge Kellnerin Hanni die größere Anziehungskraft hat, als das Bier. Denn seit deren Anstellung ist die Wirtstube Tag für Tag voll wie früher nicht einmal am Sonntag und vor Mitternacht ist an keine Sperrstunde zu denken. Der Bären-Wirt denkt natürlich nicht im Traum daran, die „geschäftbelebende“ Kellnerin auszustellen. Da die Frauen Ihre Ehemänner auch nicht einsperren können, um Sie vom Wirtshausbesuch abzuhalten, sperren Sie die Spätheimkehrer aus – vom Schlafzimmer. Die Frauen treten in einen unbefristeten Streik und sind empört, als sich herausstellt, daß es ausgerechnet in ihren Reihen eine Streikbrecherin gibt, die die vorgeschobenen Riegel in den Schlafkammern des Dorfes in schamloser Weise zu ihrem Vorteil ausnutzt…..